Viktorianische Architektur prägt das Stadtbild
»Noch etwas Viktorianisches gefällig?«, fragt George schmunzelnd und führt uns der Victoria Street entlang zum Queen Victoria Market. »Seit 1878 kauft man hier Gemüse, Früchte, Gourmet Food, lokale und importierte Erzeugnisse, Kleider, Kosmetik und Souvenirs ein«, weiß unser Mann in Melbourne. Welch faszinierender Ort voller Betriebsamkeit, Geschäftigkeit, Leben und auch ein bisschen Hektik! Um Letzterer zu entfliehen, setzen wir uns in ein Café und probieren frisch aufgebrühten, klassischen Filterkaffee. »Eine Delikatesse«, versprechen die quirligen Baristas und machen unentwegt Faxen für unsere Erinnerungsbilder.
»Wie wär’s mit etwas Viktorianischem?«, lacht Franziska. Die Frage dürfte sich zum Running Gag entwickeln. Klar! Wir finden uns in der State Library of Victoria wieder. Der Prunkbau ist Australiens älteste und eine der weltweit ersten öffentlichen Bibliotheken. Im Innern bietet sich uns der atemberaubende Blick auf eine 35 Meter hohe, achteckige Kuppel. Und von der Galerie aus kommen das Guichet im Zentrum und die streng geometrisch von ihm abgehenden, schier endlos langen Studiertische fantastisch zur Geltung.
Orte des exklusiven Kaffeegenusses
Sichtlich stolz führen uns George und Franziska im Anschluss an einen ganz besonderen Ort: The Beanery Coffee House gilt als eine der exklusivsten Adressen, wenn es um Kaffee geht, hat sich gänzlich dem mystischen Trunk verschrieben und führt ein erlesenes Sortiment rund um den vollendeten Genuss. Hinter der einladenden Glasfront steigt uns ein betörender Duft in die Nase. George eilt, uns im Schlepptau, schnurstracks auf den JURA-Corner zu. Ein kurzer Schwatz mit der Verkäuferin, ein stärkender Espresso aus der Z6, und auf geht’s – weiterhin ganz im Zeichen des Espressos.
Von der Moderne begeben wir uns zurück in die Tradition. Bereits 1954 eröffnete Pellegrini’s Espresso Bar. Hier, wo die erste Espressomaschine Melbournes ihren Dienst verrichtete, scheint die Zeit stillzustehen. Die komplette Bar ist im Originalzustand belassen, und so wird ein Besuch des Lokals zu einer Reise zurück in die Vergangenheit. Als Reiseführer fungiert noch heute Sisto, der Besitzer. Vom ersten Tag an arbeitet er hier, erfüllt den Raum mit fröhlicher Italianità und ist als Figur mindestens genauso Kult wie das Pellegrini’s.
In der Royal Arcade lernen wir die kultivierte Art des traditionellen Einkaufens kennen. Tagelang könnte man in der 1870 eröffneten Einkaufspassage verweilen, ohne sich sattzusehen. Bei einer Verschnaufpause in den Hopetoun Tea Rooms, einst für die Victorian Ladies Work Association ins Leben gerufen, verarbeiten wir die Eindrücke und gönnen uns traditionellen Tee aus der viktorianischen (schon wieder!) Ära.
Kulinarik und Kultur
»Abends stehen hier die Leute in langen Schlangen und warten auf einen Tisch im Chin Chin«, erklärt uns George. Tischreservationen kennt das Trendlokal mit den südostasiatischen Spezialitäten nämlich nicht. Doch jetzt, am Mittag, ist Fortuna uns hold. Es findet sich rasch ein Tisch, und so genießen wir leckere Köstlichkeiten aus dem vielfältigen, frischen Angebot. »Was ist eigentlich Australiens bekanntestes Exportgut?«, wollen wir wissen. »Musik«, antwortet George, und Franziska präzisiert: »AC/DC!« Selbstredend, dass die Rocker hier ihre eigene Straße haben. Nach dem Lunch pilgern wir zur AC/DC Lane, wo George Bürgermeister John Sos legendäre Worte von der Eröffnungsfeier zitiert: »Dem Song zufolge gibt es immer einen Highway zur Hölle; dies nun ist eine Gasse zum Himmel. Let’s rock!«